Einleitung zum Kalibrieren von Waagen Bei Waagen unterscheidet man zwischen Justieren und Kalibrieren. Beim Justieren wird meist ein Messpunkt - in unserem Fall beispielsweise der Wägebereich einer Waage - exakt eingestellt. Dies ist notwendig aus gerätespezifischen Gründen wie Temperaturänderungen, sonstigen Umgebungsbedingungen, Einfluss der Erdanziehung und anderen. Beim Kalibrieren wird die Richtigkeit einer Messgröße - in unserem Fall die Waagenanzeige - festgestellt. Bei Waagen bedient man sich in beiden Fällen eines oder mehrerer Prüfgewichte. Jede elektronische Waage liefert nur dann korrekte Ergebnisse, wenn sie richtig justiert/ kalibriert wurde. Erst durch die dokumentierte Kalibrierung wird eine elektronische Waage zum Messgerät, z. B. in qualitätsrelevanten Prozessen. Das Kalibrieren von Waagen ist in der Regel ein überschaubarer Prozess. Eine vereinfachte Routine-Prüfung wird vielfach vom Anwender selbst durchgeführt. Oft bedient er sich nur eines einzigen Prüfgewichtes entsprechender Genauigkeit, das der Waage beigegeben ist. Werks- oder ISO- Kalibrierungen werden in der Wägetechnik häufig in Verbindung mit Wartungsarbeiten durchgeführt. Anspruchsvolle Kalibrierungen sind in der Wägetechnik DKD- Kalibrierungen (DKD = Deutscher Kalibrierdienst). Sie werden von akkreditierten DKD- Laboratorien häufig bei qualitätsrelevanten Prozessen oder bei höherem Sicherheitsbedürfnis durchgeführt. Die Kalibrierintervalle sind je nach Sicherheitsbedürfnis sehr unterschiedlich. Sie reichen von der täglichen Routine- Kontrolle durch den Anwender bis hin zu jährlichen Intervallen im Rahmen von Wartungsverträgen. Es gibt keine generellen Empfehlungen. Gleichbedeutend zu den Begriffen Kalibrieren und Kalibrierschein sind die Begriffe Zertifizieren und Zertifikat bzw. Kalibrierzertifikat gebräuchlich. Nicht korrekt ist Kalibrieren im Sinne des Justierens einer Waage. Vergleich: Kalibrieren - Eichen 1. Kalibrieren von Waagen • Das Kalibrieren von Waagen ist generell die richtige Prüfmethode o in qualitätsrelevanten Prozessen z.B. in Produktion oder Forschung o in Prozessen mit hohem Sicherheitsbedürfnis • Jede Waage kann kalibriert werden (im Gegensatz zum Eichen). • Der Anwender regelt in eigener Verantwortung die Rekalibrierungsfristen je nach Sicherheitsbedürfnis. 2. Amtliche Eichung von Waagen • Diese schreibt der Gesetzgeber zwingend vor: o Im geschäftlichen Verkehr, wenn der Preis einer Ware durch Wägung bestimmt wird. o Bei der Herstellung von Arzneimitteln in Apotheken sowie bei Analysen im medizinischen und pharmazeutischen Labor. o Zu amtlichen Zwecken wie Ermittlung von Gebühren, Zöllen und Strafen. Ferner bei Sachverständigen-Gutachten für Gerichte. o Bei der Herstellung von Fertigpackungen. • Geeicht werden können nur eichfähige Waagen. • Eichfehlergrenzen und feste Nacheichfristen von meist 2 Jahren sind gesetzlich geregelt Waagen im Qualitätsmanagement-System ( ISO 9000ff oder GLP ) 1. Grundsätzliches zur Qualitätssicherung und Prüfmittelüberwachung 1.1 Die Qualitätssicherung ist ein betriebliches Management-System und läßt sich auf folgenden kurzen Nenner bringen: „ Sage was Du tust -und tue was Du sagst“. Sie verfolgt drei Hauptziele: • Verhütung von Fehlern während des Fertigungsprozesses eines Produktes, damit sein bestimmungsgemäßer Gebrauch nicht beeinträchtigt wird. • Gewährleistung der Produktqualität, die zwei Vertragspartner vereinbart haben. • Stärkung des Qualitätsbewußtseins der Mitarbeiter. 1.2 Die Prüfmittelüberwachung sorgt für das korrekte Funktionieren aller Meßmittel eines Betriebes, bzw. Organisation im Rahmen des Qualitätssicherungs-Systems. 2. Allgemeine Spielregeln der Prüfmittelüberwachung 2.1 Maßgebend ist das Qualitätssicherungs-Handbuch des Betriebes bzw. der Organisation. DIN EN ISO 9001:2000 sagt unter Punkt 7.6 „Lenkung von Überwachungs- und Messmitteln“ in Abschnitt a), dass Messmittel in festgelegten Abständen oder vor Gebrauch kalibriert werden müssen. Im Klartext: Der Betrieb bzw. Organisation hat für alle Waagen im qualitätsrelevanten Bereich eindeutige Vorgaben. Er hat aber auch einen eigenverantwortlichen Gestaltungsspielraum, wie er seine betriebliche Meßtechnik einrichten will. Er selbst legt zusammen mit seinen Abnehmern und Meßmittellieferanten die Richtlinien hierfür fest. 2.2 Die Prüfmittelüberwachung (z.B. von Waagen) muß periodisch durchgeführt, dann dokumentiert und archiviert werden. Dabei wird am besten in drei Schritten vorgegangen • Nach welchen Kriterien muss ein Messgerät geprüft werden? Hier ist zwischen der einfachen Routine-Prüfung durch den Anwender selbst, einer Werks- oder ISO-Kalibrierung oder einer DKD-Kalibrierung zu unterscheiden. Festlegung durch den Betrieb entsprechend dem Sicherheitsbedürfnis und eventueller Vorgaben. • Wie häufig ist diese Prüfung durchzuführen? • Niederlegung des Prüfungsergebnisses in einem Protokoll. Aufbewahrungspflicht dieser Prüfunterlagen: Bei ISO 9000ff 10 Jahre Bei GLP 30 Jahre 3. Die Waage im qualitätsrelevanten Prozess 3.1 Korrekte Wägeergebnisse sind in vielen Prozessen in hohem Maße qualitätsentescheidend. Die Wägetechnik hat deshalb in der Prüfmittelüberwachung eine große Bedeutung. Diese sorgt für das korrekte Funktionieren aller Waagen im Rahmen des QM-Systems. 3.2 Die Labor-Präzisionswaage - Ein Praxisbeispiel Sie ist im Laboreinsatz ein „ Prüfmittel“, z. B. bei Analysen. 3.3 Die Messunsicherheit ist eine Entscheidungshilfe dafür, ob sich eine Waage für die in einem Prozess geforderte Genauigkeit eignet. Siehe DIN EN ISO 9001:2000 Kapitel 7.6 Anmerkung „Für Anleitung siehe DIN ISO 10012.“ Hier ist unter Kapitel 4.6 die Messunsicherheit festgeschrieben. 3.4 Bei der Auswahl der passenden Waage geht man zweckmäßigerweise von der gewünschten Analysengenauigkeit aus. Beispiel: Einwaage 1.000 g, geforderte Analysengenauigkeit 0,1%, also 1 g. Die Meßunsicherheit der Waage soll mindestens 3 mal kleiner sein, also ± 0,3 g. Diese erreicht man unter guten Laborbedingungen in der Regel mit einer Waage deren Ablesbarkeit 0,1 g beträgt. Ist die Meßunsicherheit einer Waage nicht bekannt, kann man sich wie folgt helfen: Faustregel: Ablesbarkeit der Waage mindestens 5-10 mal besser als die geforderte Analysengenauigkeit. Dabei gehe man sicherheitshalber von den ungünstigsten Bedingungen aus. Am Beispiel einer Laborwaage Rückführbarkeit auf das nationale Normal Generell richtiges Messen setzt weltweit einheitliche und gleiche Bezugsgrößen voraus, also internationale Normale. Zu den ältesten internationalen Normalen zählt das Ur-Kilogramm. Es wird in Paris aufbewahrt. Genaueste Kopien von diesem Primär-Normal werden von den einzelnen Staaten als nationale Normale aufbewahrt. In Deutschland wacht hierüber die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig. Die Werksnormale für Waagen sind Prüfgewichte. Diese sind nach einer strengen Genauigkeits- Hierarchie in einer lückenlosen Kette an dieses nationale Normal angeschlossen. Nur eine einwandfreie Rückführung auf das nationale Normal garantiert je nach Hierarchiestufe die erforderliche Genauigkeit einer Messung. Deshalb ist es zwingend, dass eine einwandfreie Rückführung im Kalibrierschein dokumentiert ist. Nur so lässt sich gleichbleibende Qualität aufrecht erhalten. Die unterschiedlichen Genauigkeitsanforderungen in den einzelnen Hierarchie-Stufen haben zu verschiedenen Klassen von Prüfgewichten geführt. Siehe "Kalibrieren von Prüfgewichten". Messunsicherheit Die Messunsicherheit einer Waage ist ein objektives Maß für ihre Genauigkeit und damit eine korrekte Aussage für ihre angemessene Verwendung. Die Eignung einer Waage für einen bestimmten Prozess ist bei bekannter Messunsicherheit sehr einfach und sicher festzustellen. Eine optimale Auswahl der richtigen Waage spart Kosten, denn zu hohe Messgenauigkeit ist unnötig teuer.
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